Angetestet:
Der neue Porsche 911 Turbo
Stärker, schneller, breiter
Aufgeladene
Elfer verfügt über ein 3,6-Liter-Boxermotor
Leistungs-
und Drehmomentplus von 60PS und 60Nm - aber
weniger Verbrauch
Echter Straßensportwagen
bringt seine Kraft noch besser auf die Straße
Bild
oben: Etwas unauffälliger als der Vorgänger aber dennoch
enorm leistungsgesteigert
Seit über 30 Jahren markiert die Turbo-Version des
Porsche 911 die Spitze der Baureihe, die in jeder
der bislang fünf Modellgenerationen mit technischen
Novitäten aufwartete.
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Ab dem 24. Juni 2006
steht der 480 PS starke Supersportler (60 PS mehr
als der Vorgänger) mit neuester Allrad-Technik und
variablem Turbodruck beim Händler. Das traditionelle
Turbo-Modell folgt dem alten, gleichwohl immer wieder
faszinierenden Muster des stärker - schneller - teurer.
Über den Preis möchte man gar nicht erst reden. Mindestens
133.603 Euro verlangt der Porsche-Händler für den
neuen Turbo. Für die potenzielle Käuferschaft ist
er eh nur nebensächlich. Wichtig sind die anderen
essentiellen Daten: Seien es 3,7 Sekunden bis Tempo
100 (mit Automatik), 12,2 Sekunden bis 200 km/h, 310
Spitze. Da müssen sich Konkurrenten südlich der Alpen
wie Lamborghini Gallardo (4,2 und 13,8 s) und Ferrari
F430 (4,0 und 13,9 s) warm anziehen. Wir haben den
neuen "Turbo" - wie ihn seine Fangemeinde
kurz und prägnantz nennt - nun in Andalusien bei Jerez
bei einer ersten Ausfahrt testen dürfen. Und in ersten
Fahreindrücken haben sich die Erwartungen voll bestätigt.
Im
Gegensatz zu früheren Turbomodellen ist der aktuelle
Heckspoiler geradezu dezent
Design-Elemente des Spitzen-Elfer
Der Turbo hat nun wie zu erwarten die runde Scheinwerferform
der 997er Baureihe erhalten. Charakteristisch ist
vor allem die neu modellierte Frontschürze mit weit
außen und tief platzierten Nebelscheinwerfern und
vor allem Blinkleuchten in LED-Technik. Bi-Xenon-Licht
ist Serie. Darunter zeigt sich eine Schürze mit großen
Lufteinlässen. Waren diese beim alten Turbo eher rundlich
geformt, erscheinen sie nun etwas eckiger. Das Heck
- das Auto trägt die etwas breitere Karosserie des
911 Carrera 4 - ist unmehr 22 mm breiter als bisher
und trägt ebenfalls eine veränderte Schürze. An der
Seite gibt es vor den Hinterrädern die Turbo-typischen
Lufteinlässe.
Bild
oben: Runde Scheinwerfer und LED-Blinker
Besonders auffällig
ist, dass die beiden Auspuffrohre nun in die Schürze
eingepasst sind. Der Heckflügel ist wieder ein Spaltflügel:
Der obere Teil spreizt sich bei Bedarf etwas nach
oben ab, um mehr Anpressdruck zu erzeugen. Der Flügel
neigt sich an den Flanken nun leicht nach unten und
schmiegt sich so an die Form der Kotflügel an. Die
seitlichen Lufteinlässe hinter den Türen sind nun
zweiteilig. Sie sollen zusammen mit neuen Luftkanälen
eine effizientere Luftzufuhr zu den Ladeluftkühlern
gewährleisten.
Eine besondere Herausforderung war die Beherrschung
der beim Porsche Turbomotor auftretenden hohen Abgastemperaturen
von bis zu 1000 Grad Celsius.
Fahreindrückeund Sound-Engineering
Leiser und fast unschuldig schnurrt der Heckmotor
im Leerlauf. Ganz kurz misst der Kupplungsweg und
der Boxer hängt am Gas. Wer dann den Gasfuß ordentlich
durchdrückt, erlebt eine "motorische" Offenbarung.
Die Tempo 100-Marke erreicht der mit Sechsganggetriebe
und einem guten Fahrer am Steuer in 3,9 Sekunden,
Tempo 200 nach sagenhaften 12,8 Sekunden. Der Elastizitätswert
von 3,8 Sekunden für den Zwischensprint von 80 auf
120 km/h im fünften Gang ist nicht weniger eindrucksvoll.
Noch beeindruckender sind die Werte des 911 Turbo
mit dem optional verfügbaren Automatikgetriebe Tiptronic
S. Ab 2000 Touren gewinnt der Turbo vehement an Fahrt.
Nicht brutal und unverhofft wie zu Zeiten früherer
911 Turbo, sondern weich aber stetig und nachhaltig.
Dank seiner Weiterentwicklung und einer optimierten
Abstimmung spurtet das Fahrzeug in 3,7 Sekunden von
Null auf Hundert und erreicht bereits nach 12,2 Sekunden
Tempo 200. Auch bei der Elastizität hat der Turbo
mit Automatikgetriebe die Nase vorn: Im vorletzten
Gang beschleunigt er in 3,5 Sekunden von 80 auf 120
km/h. Die alles geschieht zwar unter deutlich wahrnehmbarer
akustischer Begleitung, andererseits aber im Vergleich
zum Carrera relativ zurückhaltend. Der Motorsound
verdient etwas Kritik. Die Motortechnik forderte ihren
Tribut in den reduzierten Sounddesign-Möglichkeiten
gegenüber einem
reinen Saugmotor. Die Lader für die beiden wassergekühlten
Boxerbänke wirken wie Schalldämpfer. Zu zurückhaltend
vielleicht für den Fan kerniger Motorgeräusche. Seis
drum. Die Fahrleistungen entschädigen dafür.
Der Kraftstoffverbrauch sinkt bei der Tiptronic S-Variante
im Vergleich zum Vorgänger um 0,3 Liter und beträgt
laut Hersteller 13,6 Liter. Die Höchstgeschwindigkeit
für beide Getriebevarianten liegt bei 310 km/h.
Bild
oben: 3,6 Liter Sechszylinder wird hocheffektiv von
zwei Turboladern mit stufenlos verstellbaren Schauffeln
beatmet
Rennwagen für die Straße
Schon nach kurzer Fahrt
im öffentlichen Verkehr offenbart der Turbo seinen
Charakter als Rennwagen für die Straße. Das Triebwerk
hängt lammfromm am Gas und erlaubt somit auch das
entspannte Boulevard-Flanieren. Einzig die extrem
lange Übersetzung des sechsten Ganges, die zur Erzielung
der Höchstgeschwindigkeit nötig ist, erweist sich
als Kompromiß. Es ist aber nicht das exorbitante Tempo,
sondern die gigantische Beschleunigung in jedem Geschwindigkeitsbereich,
die ungalublich fasziniert. Wer dies das erste mal
erlebt dessen Magengegend wird ob der Beschelunigung
tief beeidruckt sein.
Bild oben: Spaltspoiler im ausgefahrenen Zustand
Nunmehr wie schon der
alte 996er Turbo S in unter vier Sekunden auf Tempo
100. Der 911 Turbo leistet jetzt 480 PS bei 6.000
Umdrehungen pro Minute, 60 PS mehr als der Vorgänger
der Baureihe 996. Die spezifische Leistung des 3,6-Liter-Boxermotors
klettert damit auf die neue Höchstmarke von 133 PS
pro Liter Hubraum.
Gleichzeitig steigt
das Nenndrehmoment von 560 auf 620 Newtonmeter. Fast
noch wichtiger dürfte aber sein, dass es nun in einem
deutlich größeren Drehzahlbereich anliegt: Nannte
das Datenblatt bisher eine Spanne von 2.700 bis 4.600
Touren, so liegt die Kraft nun zwischen 1.950 und
5.000 Umdrehungen an.
Lader mit variabler
Turbinengeometrie
Verantwortlich für diese Fahrleistungen sind die erstmals
weltweit beim Ottomotor eingesetzten Abgasturbolader
mit variabler Turbinengeometrie. Was beim Diesel längst
Standard ist, haben die Weissacher Ingenieure hier
erstmals für einen Ottomotor adaptiert. Kernelemente
dieser Technologie sind verstellbare Leitschaufeln,
die den Abgasstrom des Motors variabel und gezielt
auf das Turbinenrad des Abgasturboladers leiten. Das
Prinzip der variablen Turbinengeometrie verbindet
die Vorteile von kleinen und großen Abgasturboladern
und führt insbesondere bei niedrigen Drehzahlen zu
einer spürbaren Verbesserung der Elastizität und Beschleunigung.
Als besonderer Leckerbissen erweist sich der mit der
erstmals angebotenen Sonderausstattung "Sport
Chrono Paket Turbo" erhältliche "Overboost"-Funktion.
Um diesen Effekt abzurufen, gibt man schnell Gas und
erntet für 10 sekunden maximalen Ladedruck. Der sorgt
für gut 10 Prozent mehr Drehmoment. Wird bei voller
Beschleunigung ein kurzzeitiger Overboost aktiviert
erhöht sich der Ladedruck im mittleren Drehzahlbereich
um 0,2 bar mit der Folge, dass sich das Drehmoment
um 60 auf 680 Newtonmeter erhöht. Die Zeit für die
Zwischenbeschleunigung von 80 auf 120 km/h verkürzt
sich damit beim handgeschalteten 911 Turbo um 0,3
auf unglaubliche 3,5 Sekunden.
Bremsen
Den deutlich gesteigerten
fahrdynamischen Möglichkeiten des neuen 911 Turbo
erfordern ein adäquates Bremssystem gegenüber zu stellen.
Zum Einsatz kommen Monobloc-Festsattelbremsen mit
sechs Kolben an der Vorderachse und vier Kolben an
der Hinterachse. Deren gelochte Scheiben wurden um
20 auf jetzt 350 Millimeter vergrößert. Als Option
bietet Porsche darüber hinaus die Keramikbremsanlage
PCCB (Porsche Ceramic Composite Brake) an, die nicht
nur leichter ist und nahezu fadingunempfindlich ist,
sondern auch extrem langlebig ist. Hier betragen die
Scheibendurchmesser vorne dann sogar 380 Millimeter.
Den Durchschnittsverbrauch
beziffert Porsche auf 12,8 Liter - bei halbwegs forcierter
Gangart sicher mehr eine theoretische Größe und trotzdem
letztlich zumindest im Ansatz positiv, weil gegenüber
bisher ein Zehntel weniger zu Buche schlägt. Wir hatten
einen Durchschnittsverbrauch von 15 Litern. Was in
Anbetracht der abgerufenen Fahrleistungen voll in
Ordnung geht.
Neues Allradsystem
mit Lamellenkupplung
Die neue Generation des Turbo verfügt über einen neu
entwickelten Allradantrieb mit elektronisch gesteuerter
Lamellenkupplung, um die vorhandene Kraft überhaupt
optimal auf die Straße übertragen zu können. Das Porsche
Traction Management (PTM) sorgt für eine variable
Kraftverteilung auf beide Antriebsachsen. Abhängig
vom Fahrzustand ermittelt die Allradelektronik kontinuierlich
die jeweils optimale Momentverteilung und garantiert
so den bestmöglichen Antrieb, verspricht Porsche.
Fazit
Jede neue Modellgeneration des 911 Turbo beindruckte
mit ihrer Standfestigkeit und Alttagstauglichkeit.
So wurde der Spitzen-Elfer seit 1974 über 50.000 mal
verkauft. Der Vorgänger (Baureihe 996) des neuem Turbo
war mit einem Absatz von 22.000 Fahrzeugen über den
Lebesnzyklus die bisher erfolgreichste Turbo-Generation.
Der neue Turbo beinhaltet faszinierende technologische
Highlights, wie sie in dieser Ausprägung und Fülle
noch keine Generation zuvor präsentieren konnte. Gestern
wie heute heute ist der Porsche Turbo Innovationsführer
in der Sportwagen- und Autotechnik generell. Nach
unsere Fahreindrücken in Andalusien - dieses Fahrzeug
ist einfach der Hammer - kann man davon ausgehen,
dass der neue Turbo diese Erfolgsgeschichte weiter
fortschreiben wird. Die größte Leistung der Ingenieure
liegt aber nicht unbedingt in der absoluten Leistungsfähigkeit
des Fahrzeugs, sondern in der Art und Weise, wie sie
umgesetzt wird.
Technische Daten Porsche Turbo (Baureihe 997)
Hersteller:
Porsche
Typ:
911
Turbo
Karosserie:
Coupé
Motor:
6-Zylinder-Aluminium
Boxer
zwei Abgasturbolader
Hubraum:
3600
ccm
Leistung:
353kW
(480PS)
Literleistung
98,1
kW/Liter
Höchstdrehzahl
6750/min
Drehmoment:
620Nm
(bei 1950 bis 5000/min)
und 680Nm (Overbosst bei 2100 - 4000/min)
Von
0 auf 100:
3,9
(3,7) s
Höchstgeschw.:
310 km/h
Verbrauch
(ECE):
12,8
(13,6) Liter
Leergewicht:
Mit
Schaltgetriebe 1585 kg
Räder
und Reifen
vorn
8 1/2 J x 19 mit 235/35 ZR 19 ET 56
hinten 11 J x 19 mit 305 /30 ZR 1 9ET 51
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