Evolution
des Klassiker 911: Nun mit mehr Leistung,
weniger Verbrauch und leichte Retuschen
am Design
Der renovierte
911 wird abermals stärker, schneller
- aber auch sparsamer
Wer Porsche
sagt, meint 911. Auch im Jahr des 60. Porsche-Geburtstages
wird der 911er weiterentwickelt, wobei man
eher von verfeinert und verschärft
sprechen muss. Ist es möglich, ein
weitestgehend perfektes Auto noch besser
zu machen?
Anzeige:
Modellpflege 997/2 ab Juni 2008 erhältlich
Der Klassiker aus Zuffenhausen gilt seit
Mitte des letzten Jahrhunderts als der deutsche
Sportwagen schlechthin, und klugerweise
modernisierten die Designer und Techniker
ihn immer nur vorsichtig. Sieben Generationen
entstanden in dieser Zeit, in der das Design
nur fein variiert, aber nie verändert
wurde, und er selbst seinen Prinzipien immer
treu blieb, so man vom Wechsel von der Luft-
zur Wasserkühlung einmal absieht. Das
gilt auch für die neueste Auflage,
die werksintern unter dem Kürzel 997/2
firmiert. Wir fuhren den runderneuerten
Porsche 911 Carrera S als Cabriolet. Die
Veränderungen im Rahmen der Modellpflege
sind tiefgreifender und weitreichender als
bei den sonst üblichen Facelifts.
Vier neue Modelle - zwei Coupés und
zwei Cabriolets - mit klassischem Heckantrieb
Die neue Modellgeneration ist am geänderten
Front- und Heckbereich sowie am LED-Licht
zu erkennen. Auch die Rückleuchten
wurden auf LED-Technik umgestellt. Dynamisches
Kurvenlicht ist als Option zu haben. Serienmäßig
ist ein Assistent fürs Anfahren am
Berg an Bord, auf Wunsch ein Sperrdifferenzial,
und das aktive Fahrwerk PASM wurde neu abgestimmt.
Weitere Neuerungen sind die rundum auf 330
Millimeter angewachsenen Bremsscheiben,
die größeren Außenspiegel,
ein erweitertes PSM, neu gezeichnete 18-
und 19 Zoll-Alufelgen sowie ein Multimediasystem
mit größerem Bildschirm und Schnittstelle
für externe Datenquellen. Während
Porsche die Optik des Autos - abgesehen
von LED-Tagfahrlicht und LED-Rückleuchten
- nahezu unverändert ließ, wurde
der Antriebsstrang komplett erneuert.
Die
LED-Tagfahrlichter sind hervorstechenstes
Merkmal des 911er-Facelifts
Porsche hinkte bei Technologien wie Benzindirekteinspritzung
und Doppelkupplungsgetriebe arg hinterher.
Daher wurde investiert, um den Sportwagenbauer
wieder auf einen zeitgemäßen
Stand der Technologie zu bringen. Der nun
vollzogene Entwicklungsschritt ist gewaltig
und war überfällig.
Bereits 1983 verbauten die Zuffenhausener
ihr Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK)
in einem 956, der als Rennwagen zum Einsatz
kam. Umso paradoxer ist es, dass das siebengängige
PDK erst jetzt, deutlich nach den Mitbewerbern
- sei es Audi, BMW, Volkswagen oder Volvo
- zur Serienreife gelangte.
Porsche
Doppel-Kupplungsgetriebe (PDK)
Wesentliche
Innovationen kennzeichnen den 2009er-Jahrgang
des 911. Der 3,6-Liter-Boxer leistet jetzt
254 kW (345 PS), eine Steigerung um 20 PS.
Die S-Version mit 3,8 Liter Hubraum bringt
es auf 283 kW (385 PS), ein Plus von 30
PS. Porsche erwartet, dass weitaus mehr
Kunden das neue PDK-Getriebe bestellen werden
als bislang die Wandlerautomatik Tiptronic,
die über lediglich fünf Gänge
verfügte. Mit Doppelkupplungsgetriebe
beschleunigen die Renner aus Zuffenhausen
allesamt noch einen Tick schneller von 0
auf Tempo 100, als das einem Wagen mit perfekt
bedienter Handschaltung gelingt. Ein Carrera
mit PDK an Bord wechselt die Gänge
ohne Zugkraftunterbrechung, hängt im
Sprint alle Vorgänger ab und senkt
Verbrauch sowie CO2-Ausstoß. Der Vorsprung
des PDK ist deutlich messbar. Auf der Strecke
und an der Tankstelle. Carrera (345 PS)
und Carrera S (385 PS) sind mit PDK und
Sport Chrono Plus-Paket beim Sprint von
null auf 100 genau eine Sekunde schneller
als das Vorgängermodell mit der herkömmlichen
Tiptronic-S-Automatik. Verbrauch und CO2-Ausstoß
sinken um über zwölf, beziehungsweise
mindestens 14 Prozent. Einziger Nachteil:
Die relativ hohen Anschaffungskosten. Die
Direkteinspritzung gibt's gratis, das interessante
Porsche-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) belastet
das Budget mit 3510 Euro und das Sport Chrono
Plus-Paket kostet 1094 Euro.
Im Prinzip
besteht das siebengängige PDK aus zwei
gewöhnlichen Handschaltgetrieben und
einer hydraulischen Steuereinheit. Herzstück
des Systems sind zwei radial angeordnete
Nasskupplungen, die hydraulisch gesteuert
und mit Öl sowohl gekühlt als
auch geschmiert sind. Die eine Kupplung
ist für das erste Teilgetriebe mit
den ungeraden und dem Rückwärtsgang
verantwortlich, die andere Kupplung übernimmt
die geraden Gänge. Während des
Ampelstarts im ersten Gang wird automatisch
der zweite Gang vorgewählt, allerdings
ist die Kupplung noch offen. Beim Gangwechsel
wird die erste Kupplung geöffnet und
die zweite geschlossen. Dies geschieht innerhalb
von Millisekunden und ist vom Fahrer nur
durch den Drehzahlunterschied der beiden
Gänge zu spüren. Im Fahrbetrieb
ist das ein Genuss, und schon nach ein paar
Kilometern kann man sich gar nicht mehr
vorstellen, dass für einen Sportwagen
bislang nur die Handschaltung als wahres
Getriebe galt. Wer mag, kann auch beim neuen
Doppelkupplungsgetriebe die Gangwechsel
per Lenkradtasten oder durch Antippen des
Schaltknüppels einleiten. Der Schaltvorgang
dauert dann nur wenige Sekundenbruchteile.
Beim entspannten Cruisen gehen die Gangwechsel
so sanft vonstatten, dass sie kaum wahrnehmbar
sind. Bei flotterer Fahrweise ist beim Schaltvorgang
allenfalls ein leichtes Rucken zu vernehmen.
Wichtigster Vorteil: Der Kraftfluss liegt
permanent an und es erfolgt keine Zugkraftunterbrechung.
Der siebte Gang ist als sogenannter Override
ausgelegt und soll auf langen Autobahnfahrten
Sprit sparen, die Höchstgeschwindigkeit
von 285 km/h wird aber nur im sechsten Gang
erreicht.
Änderung
im Innenraum: Ein neues Lenkrad, mit Schaltwippen
für das PDK und ein neuer Wählhebel
Sechszylinder-Boxermotor
mit Direkteinspritzung
Die neuen Direkteinspritzer sind eine Wucht
und passen perfekt zum neuen Doppelkupplungsgetriebe.
Erstmals gelangt der Treibstoff in den Sechszylinder-Boxermotor
über eine Direkteinspritzanlage. Das
Benzin wird also fortan durch Magnetventile
mit einem Druck von bis zu 120 bar direkt
in die Zylinder gespritzt, was eine sehr
viel feinere Dosierung erlaubt. Das erhöht
die Leistung des 3,6-Liter-Aggregats von
325 auf nun 345 PS und die des 3,8-Liter-Triebwerks
in den S-Varianten von 355 auf 385 PS. Und
nebenbei senkt es auch den Spritdurst. Beide
Motoren in beiden Karosserievarianten (Coupé
und Cabrio) kommen nun mit weniger als 11
Liter Durchschnittsverbrauch aus. Als Folge
sinkt der CO2Ausstoß um rund 15 Prozent.
Die Aufgabenliste der Ingenieure umfasste
neben der Senkung des Kraftstoffverbrauchs
und des Motorgewichts eine Steigerung des
Drehmoments und der Leistung.
Den Ingenieuren im Entwicklungszentrum von
Porsche in Weissach gelang es das Gewicht
der Motoren auf nun nur noch knapp 200 Kilogramm
zu senken. Entscheidender aber ist, dass
neben dem Gewicht die Anzahl der Bauteile
um 40 Prozent reduziert werden konnte. Bislang
getrennte Elemente konnten häufig zu
einem Teil integriert werden. Das vereinfacht
und verbilligt die Montage, und es hilft
dabei, die Ausfallquote zu drücken.
Besser wird
auch der Verbrauch. So verbraucht das Carrera
S Cabrio mit PDK nur 10,3 Liter pro 100
Kilometer. Alle neuen Carrera liegen im
Kraftstoffkonsum nun deutlich unter 11 Litern
pro 100 Kilometer. Damit sinken auch die
CO2-Emissionen um bis zu 15 Prozent.
Touchscreen
und Festplatten-Navi sind endlich auch bei
Porsche erhältlich.
Auch Bluetooth-Telefon und iPod finden nun
ihren Anschluss
Launch Control
Neuer Bestandteil des Sport Chrono Paket
Plus ist die Launch Control. Wir konnten
uns davon überzeugen: Sie garantiert
eine ideale Beschleunigung aus dem Stand
und wird über die Sport-Plus-Taste
aktiviert. es funktioniert relativ leicht:
Den linken Fuß auf das Bremspedal,
rechten Fuß beherzt Gas bis auf Drehzahlen
von circa 6.500 Touren geben. Dann den linken
Fuß von der Bremse nehmen und ab geht
die Show. In 4,7 Sekunden sollten die 100km/h
erreicht sein. Und das Beste: Kein Quietschen,
kein Durchdrehen - das Getriebe regelt selbstständig
den optimalen Radschlupf und das Fahrzeug
startet mit der bestmöglichen Beschleunigung.
Und die ist brachial.
Um den gesteigerten
Fahrleistungen gerecht zu werden, wurden
Federn, Dämpfer und Stabilisatoren
neu abgestimmt. Der 911er ist jetzt subjektiv
straffer als sein Vorgänger asugelegt
worden. Wer mehr Komfort sucht, sollte für
1.547 Euro das zweistufige Porsche Active
Suspension Management, kurz PASM ordern.
Der Normalmodus wurde im Vergleich zum Serienfahrwerk
mehr auf Komfort ausgelegt. In der Sporteinstellung
wird dagegen eine härtere Dämpferkennlinie
angesteuert. Zudem ist das Fahrzeugniveau
mit PASM um zehn Millimeter tiefer als beim
Serienfahrwerk.
Viele weitere
Neuheiten
Nebn den erwähnten Innovationen werden
noch viele weitere Neuheiten in die jüngste
Modellgeneration des 911 integriert: Sei
es das Porsche Communication Management
mit 40-Gigabyte-Festplatte - erstmals mit
Touchscreen -, Bluetooth, eine Sitzbelüftung,
größere Rückspiegel, dynamisches
Kurvenlicht. Das neue Navi überzeugt
mit weniger Tasten durch seine hohe Ergonomie
uind leichte Bedienbarkeit.
Technische
Daten Porsche 911 Carrera S Cabriolet
(997/2)
Hersteller:
Porsche
Karosserie:
Cabrio
Motor:
Sechszylinder-BoxerBenzindirekteinspritzer
Hubraum:
3800
ccm
Leistung:
283
kW (385 PS)
Drehmoment:
3420
Nm/6500 UPM
Von
0 auf 100: Handschalter/PDK
4,9
s/4,7 s
Höchstgeschwindigkeit:
302
km/h
Verbrauch
(ECE): Handschalter/PDK
10,8/10,3
Liter
CO2-Ausstoß:
Handschalter/PDK
254/242
g/km
Kraftstoff:
SuperPlus
Leergewicht:
Handschalter/PDK
1.510
kg / 1540 kg
Zuladung
380
kg
Preis
brutto:
ab
104.928,- Euro
Fazit: Porsche
gelang die Renovierung des 911. Auch in
der neuesten Auflage hat der Klassiker seinen
sportlichen Grundcharakter nicht verändert.
Er ist nun sparsamer und dennoch schneller
geworden. Doppelkupplungsgetriebe, Benzin-Direkteinspritzung
und Multimedia-Technik sind auf den neusten
Stand der Technik gehievt worden. Dass die
neuen Techniken auch funktionieren, darüber
konnten wir uns ausgiebig auf unserer Testfahrtenim
Großraum Stuttgart überzeugen.
Aber auch das soll nicht verschwiegen werden:
Im Vergleich zum bisherigen Modell wird
der 911 Carrera allerdings auch knapp 2000
Euro teurer. Der Wagen kostet nun 83.032
Euro, beim Carrera S sind es 93.980 Euro.
Bei den Cabrio-Varianten der beiden Typen
kommen weitere 11.000 Euro obendrauf.