AutoTest Italiener
mit US-Genen: Lancia Flavia 2.4 16V Viersitziges
Cabrio mit Dolce Vita?
Viersitziges
Cabriolet Lancia Flavia im Fahrbericht
2,4-Liter-Turbobenziner
mit 170 PS und einem max. Drehmoment
220 Nm
Verbrauch
9,4 Liter im Drittelmix; CO2-Emission
221 g/km
Testwagenpreis
mit 6-Gang automatik ab 36.900,00
Viersitziges
Cabriolet Lancia Flavia im Test
Italienisch mit US-Akzent
Der offene Flavia möchte zum entspannten
Cruisen einladen und ist das dritte adaptierte
Chrysler-Modell durch Fiat unter seiner
Tochtermarke Lancia in Europa. Wir haben
den offenen Italo-Amerikaner einem ausführlichen
Fahrbericht unterzogen.
Anzeige:
Der neue Lancia
Flavia gibt sich kaum Mühe seine Herkunft
zu verbergen. Der offene Viersitzer entspricht
bis auf das italienische Markenlogo weitgehend
dem Chrysler 200 Convertible.
Optisch
vermittelt das Cabriolet der Fiat-Tochter
Lancia einen rundum guten Eindruck
Ein Lancia-Wappen
auf einem Ami - kann das gutgehen?
Wir haben
"erfahren", ob sich das Cabrio
mit italienischer Automobilkultur vereinen
läßt. Und wir haben überprüft,
ob sich mit dem Flavia die Begeisterung
für das Dolce Vita neu entfachen läßt.
Der legendäre Lancia Flavia aus den
Sechzigern war in mehr als 60 Kino-Produktionen
- u. a. mit Darstellern wie Marcello Mastroianni
- unterwegs. Mit dem neuen Lancia setzt
sich die - allen Unkenrufen zum Trotz erfolgreiche
Allianz von Fiat und Chrysler fort, die
seit 2009 besteht. Seit knapp zwei Jahren
vertreibt die Fiat-Tochter Modelle von Chrysler
unter ihrem eigenen Namen. Nach den umgelabelten
Modellen Voyager und Thema ist der Flavia
nun das dritte Modell im US-italienischen
Bunde. Der Chrysler 200/Lancia Flavia bricht
mit den Traditionen des italienischen Automobilherstellers.
Die
Dimensionen des Fahrzeugs und und sein hohes
Leergewicht definieren die Bestimmung Flavia
zu einem Cruiser
Für Lancia-Traditionalisten mag das
ein Ding der Unmöglichkeit sein, doch
der umgelabelte US-Import verfügt auch
über Vorzüge, die nicht nur im
günstigen Anschaffungspreis begründet
sind. Immerhin - ein Cabrio hat es bei Lancia
schon lange nicht mehr gegeben. Der Flavia
ruft im Vergleich zum Wettbewerbsumfeld
einen verhältnismäßig moderaten
Preis von nur 36.900 Euro auf und bietet
eine umfangreiche Komfortausstattung mit
Voll-Ledersitzen, Klimaautomatik, Festplattennavi
und elektrischem Textilverdeck, das sich
auch per Fernbedienung steuern lässt.
In der 5 Meter Liga - der Flavia ist mit
fast fünf Metern Länge groß
genug für vier Erwachsene und Gepäck
- läßt sich sont kaum etwas unter
50.000 Euro finden. Direkte Wettbewerber
sind beispielsweise das Mercedes ELK Cabrio,
der offene Audi A5 oder der Volvo C70. Die
Konfiguration gestaltet sich für die
Käufer sehr einfach: Es gibt es nur
eine Antriebsvariante mit einem Motor und
auch nur eine Ausstattungsvariante. Die
Qual der Wahl beschränkt sich im Wesentlichen
nur auf die Farben von Blech und Interieur.
Design
und Platzverhältnisse
Optisch vermittelt
das Cabriolet der Fiat-Tochter Lancia einen
rundum guten Eindruck. Die Dimensionen des
Fahrzeugs und und sein hohes Leergewicht
von knapp 1,9 Tonnen sprechen für sich
und definieren die Bestimmung Flavia zu
einem Cruiser. Die Gesamtlänge beträgt
beachtliche 4,95 Metern. Mit dem langen
Radstand von 2,77 Metern sind somit gute
Vorausetzungen zum Cruisen gegeben. Der
Kofferraum ist mit 377 Litern ebenfalls
ordentlich dimensioniert. Allerdings reduziert
sich das Volumen bei geöffnetem Verdeck
auf nur noch 198 Liter. Es dauert eine gefühlte
Ewigkeit von 28 Sekunden, bis sich das Dach
- übrigens ausschließlich bei
stehendem Fahrzeug - aus dem Kofferraum
gefaltet hat.
Die
Materialauswahl und Verarbeitung können
sich im Vergleich zu vielen anderen US-Importen
durchaus sehen lassen
Innenraum
Das Interieur
des Lancia Flavia kann Dank Lederausstattung
in Haptik und Design durchaus punkten. Die
Materialauswahl und Verarbeitung können
sich im Vergleich zu vielen anderen US-Importen
durchaus sehen lassen. Hierzu trägt
maßgeblich die erzwungene Vollausstattung
bei. Das Mittelklasse-Cabrio ist, wie bereits
erwähnt - quasi nur vollausgestattet
erhältlich.
Öffnen
und schliessen des vollautomatischen Verdeck
dauert 28 Sekunden
Das Cabrio bietet auf knapp fünf Metern
Länge ordentliche Platzverhältnisse.
Die Beinfreiheit im Fond ist zwar eingeschränkt
aber auch für erwachsene Passagiere
gerade noch akzeptabel. Hinter dem Lenkrad
des Flavia fühlt man sich schnell vertraut.
Die drei klassisch gehaltenen Rundinstrumente
sind allesamt gut ablesbar, die Bedienung
der wenigen Knöpfe gibt keine Rätsel
auf.
Antrieb mit Schwächen - 170 PS Benziner
ohne Zugaben wie Direkteinspritzung oder
Aufladung
Den Lancia
Flavia bieten die italiener in Europa nur
mit einem betagten 2.4-Liter Vierzylinder,
ohne Aufladung, an. Der 170-PS-Motor ist
ein alter Bekannter aus der vorherigen DaimlerChrysler-Ära
und entstammt dem US-Bruder Chrysler 200.
Es entwickelt bei 4.500 Umdrehungen ein
Drehmoment von 220 Newtonmetern. In den
USA wird der Chrysler 200 von einem 3.6-Liter
V6-Motor mit 283 PS angetrieben. Für
Europa läßt Fiat den alten und
durstigen 2,4 Liter verbauen. Die 170 Pferdestärken
haben ihre Mühe mit den gut 1,9 Tonnen
Fahrzeuggewicht. Übertragen wird die
Kraft über ein Sechsgang-Automatikgetriebe
von Chrysler, das die Motorleistung nur
träge auf den Asphalt zu übertragen
weiss.
Die nicht optimal abgestimmte Motor-Getriebe-Kombination,
schaltet bisweilen etwas hektisch hin- und
her, sobald etwas mehr Gas gegeben wird.
Das Sechsgang-Automatikgetriebe gibt die
Motorleistung nur schleppend weiter und
harmoniert nicht besonders gut mit dem Motor.
Zuweilen beschleichen einem Zweifel, ob
der Falvia tatsächlich die vom Hersteller
versprochene Höchstgeschwindigkeit
von 195 km/h schafft. Der 125 kW (170-PS)-Vierzylinder
müht sich redlich, Gaspedalbefehle
in Vortrieb umzuwandeln. Das Aggregat ist
laut und Leistungsabrufe werden erst mit
großer Verzögerung umgesetzt.
Daran muss man sich als Fahrer erst gewöhnen.
Den Paradesprint von 0 auf 100 km/h erledigt
der Flavia mit extrem laut aufheulendem
Motor in knapp elf Sekunden. Den Verbrauch
im Drittelmix nach NEFZ gibt der Hersteller
mit 9,4 Litern auf 100 Kilometer an. Der
reale Spritverbrauch ermuntert nicht zu
schneller Fahrt. Unser Testverbrauch mt
moderater Fahrweise betrug knapp knapp über
12 Liter. Ein nicht mehr zeitgemäß
hoher Spritkonsum - auch in Anbetracht der
Größe und Gewicht des Fahrzeugs
- der primär dem Motor und Getriebe
geschuldet ist.
Elegantes
Erscheinungsbild
Fahreigenschaften
Zum Cruisen
zeigte sich der Flavia von seiner besten
Seite: mit ihm läßt sich gleichermassen
entspannt und gemütlich über breite
Boulevards oder sanft geschwungenen Landstraßen
dahingleiten. Solange man es nicht eilig
hat, fährt sich der Flavia wunderbar.
Mit Fahrdynamik ist es nicht weit her. Cruisen
statt hastig rasen sowie genießen
und rollen lassen lautet die Devise. Im
gemächlichen Tempo bietet der Flavia
mit seiner selbst tragende Karosserie und
Einzelradaufhängung auf seinen breiten
Ledersitzen im geräumigen Cockpit echtes
Wohlfühl-Ambiente. Der Lärmpegel
des Motor ist ebenfalls angenehm erträglich.
Bei höheren Geschwindigkeiten nimmt
der Lärmpegel dagegen schnell unangenehm
zu und hier macht sich die Kehrseite des
butterweichen Fahrwerks bemerkbar. Eine
schnelle Gangart ist nicht die Sache des
Flavia.Statt des rauschenden Fahrtwinds
hört man dann vor allem den überforderten
Motor laut heulen. Die 170 PS mit einem
Drehmoment von 220 Nm in Kombination mit
der schlecht hierzu abgestimmten Sechsstufen-Automatik
verfügen insgesamt über zu wenig
Power, um das knapp 1,9 Tonnen schwere Gefährt
adäquat fortbewegen zu können.
Der
Vierzylinder mit 170 PS mit 16 Ventilen
Selbst tragende Karosserie, Einzelradaufhängung,
vorn McPherson-Federbeine, Dreieckquerlenker,
hinten Mehrlenkerachse, vorn/hinten Schraubenfedern,
Stabilisatoren, hydraulische Teleskopstoßdämpfer,
Scheibenbremsen (vorn innen belüftet),
Zahnstangenlenkung mit Servounterstützung,
ABS, elektronisches Stabilitätsprogramm
(ESP), Traktionskontrolle.
Innenraum
mit viel Plastik -aber auch Leder
Ausstattung
und Preise
Die opulente
Innenausstattung überrascht. Genauso
allerdings die unzeitgemäße Sicherheitsausstattung.
Vier Airbags, ESP und ABS sind heutzutage
Mindeststandard. Fahrerassistenzsysteme
bis auf den Tempomat glänzen durch
Abwesenheit und sind auch nicht Bestandteil
einer optionalen Aufpreisliste. Auch Einparkhilfe
oder Rückfahrkamera und Abstandstempomat
oder ein Xenonslicht geschweige denn LED-Tagfahrlicht
sind weder für Geld noch gute Worte
erhältlich.
Eine
offene viersitzige Cabrio-Limousine mit
einem Hauch italienischem Temperament
FAZIT:
Gekonntes Badge-Engineering
Obwohl
das Lancia Flavia Cabrio dem Chrysler
200 zum Verwechseln ähnlich aussieht
vermittelt es dann irgendwie doch
ein ganz anderes Eindruck als sein
US-Pendant: Eine offene viersitzige
Cabrio-Limousine mit einem Hauch italienischem
Temperament. Der 1,8 Tonnen schwere
Flavia fährt sich insgesamt betrachtet
sehr angenehm. Nur eilig sollte es
der Fahrer nicht haben. Das unselige
Badge-Engineering, also alten Produkten
neue Markenzeichen anzukleben, ist
den hier erwähnten Kritikpunkte
zum Trotz relativ gut geglückt.
Das was Fiat hier unter der Traditionsmarke
verkauft, wurde zwar ursprünglich
nicht als Lancia konzipiert. Trotzdem
kann der Italo-Amerikaner das Preis-Leistungs-Verhältnis
für sich verbuchen. Die direkten
Wettbewerber des Flavia sind allesamt
kleiner und deutlich teurer und bei
weitem nicht so üppig ausgestattet:
Eine Lederausstattung, das schlüssellose
Zugangssystem, der Tempomat oder das
Navigationssystem - bei den Italienern
Bestandteil der Serienausstattung
- sind hier aufpreispflichtig und
treiben die Preise in ungeahnte Höhen.